Stele 5 – Folgen der Machtübernahme der Nationalsozialisten – Zwangssterilisation und Sparmaßnahmen 

Was wird nun aus uns?

Sterilisation

Die Eugenik, in Deutschland auch Rassenhygiene genannt, ist die Grundlage für die Einführung von Sterilisationsgesetzen.

Sterilisationsgesetze gibt es zu Beginn des 20. Jahrhunderts in vielen Ländern auf der ganzen Welt. Vielerorts bleiben sie auch weit über das Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 bestehen.

Die Nationalsozialisten machen die Rassenhygiene zu einem wichtigen Teil ihrer Ideologie. Mit Inkrafttreten des „Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ werden ab 1934 auch in Deutschland Zwangssterilisierungen durchgeführt. Betroffen sind Menschen mit Behinderung oder psychischen Erkrankungen ab 14 Jahren.

Auszug aus dem „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ von 14. Juli 1933:

§ 1

(1) Wer erbkrank ist, kann durch chirurgischen Eingriff unfruchtbar gemacht (sterilisiert) werden, wenn nach den Erfahrungen der ärztlichen Wissenschaft mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, daß seine Nachkommen an schweren körperlichen oder geistigen Erbschäden leiden werden.
  (2) Erbkrank im Sinne dieses Gesetzes ist, wer an einer der folgenden Krankheiten leidet: angeborenem Schwachsinn, Schizophrenie, zirkulärem (manisch-depressivem) Irresein, erblicher Fallsucht, erblichem Beitstanz (Huntingtonsche Chorea),erblicher Blindheit, erblicher Taubheit, schwerer erblicher körperlicher Mißbildung.

(3) Ferner kann unfruchtbar gemacht werden, wer an schwerem Alkoholismus leidet.

Nachweislich werden 393 Zöglinge der Landeserziehungsanstalt Chemnitz-Altendorf sterilisiert – hauptsächlich aus der „Schwachsinnigenabteilung“.

Anstaltsleiter Dr. Walter Kürbitz beantragt die Sterilisationen beim Erbgesundheitsgericht. Er ist ein Befürworter der Sterilisation der Zöglinge.

Ein Teil der Eingriffe erfolgt im Anstaltskrankenhaus auf dem Gelände.

Perspektivwechsel: Was hätten die Zöglinge gesagt?

Die Ärzte wollten uns von einer freiwilligen Sterilisation überzeugen. Deshalb gab es Beratungsangebote für uns oder unsere Eltern.

Frei entscheiden konnten wir uns nur, wenn wir zu den erwachsenen Blinden zählten.

Als blinde Kinder zwischen 14 und 20 Jahren mussten wir hinnehmen, was unsere Eltern entschieden.

Bei Denjenigen von uns, die als „schwachsinnig“ galten, war keine Genehmigung der Eltern notwendig. Wir waren komplett der Willkür des Staates und der Anstaltsleitung ausgeliefert.

Essensversorgung

Der Staat finanziert die Essensversorgung der Einrichtung. Im Nationalsozialismus werden die Kostsätze trotz steigender Preise gesenkt. Das Personal kann die Zöglinge kaum noch angemessen versorgen.

Am 13.04.1938 wird in sächsischen Anstalten eine Sonderkost für arbeitsunfähige Zöglinge eingeführt. Die billige Kost besteht hauptsächlich aus einem nährstoffarmen Brei. Abmagerung und gesundheitliche Probleme sind die Folgen.

Förderhinweis auf die Stiftung Sächsische Gedenkstätten und das Land Sachsen.

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