Eine gemeinsame Unterbringung von blinden und geistig behinderten Kindern in einer Erziehungsanstalt – das hat es bisher nicht gegeben!
Blinde Menschen und ihre Angehörigen möchten – ebenso wie der Großteil der Bevölkerung – den Kontakt mit Menschen mit geistiger Behinderung vermeiden. Bereits seit der Gründung der Anstalt gibt es daher Kritik von Blindenvereinen, Eltern und Lehrerschaft.
Menschen unterscheiden sich in ihrem Wert für die Gesellschaft. Der Wert ist abhängig von geistigen und körperlichen Leistungen. Davon sind die Menschen zu Beginn des 20. Jahrhunderts überzeugt.
Nach dem Ersten Weltkrieg gibt es eine große Anzahl kriegsblinder Veteranen. Sie genießen hohes gesellschaftliches Ansehen. Dieser Status färbt zumindest zum Teil auch auf „Zivilblinde“ ab. Die blinden Zöglinge werden als wertvollere Menschen wahrgenommen als die „schwachsinnigen“ Zöglinge.
Die nationalsozialistische Ideologie verstärkt die Spaltung. Die Nationalsozialisten unterscheiden neben der Art der Behinderung auch danach, ob der behinderte Mensch arbeitsfähig ist oder nicht. Außerdem spielt die Abstammung eine wichtige Rolle.
Die gesellschaftliche Sicht auf Menschen mit Behinderung spiegelt sich auch im Selbstverständnis der blinden Menschen wider. Die Nationalsozialisten schreiben den Blinden die Rolle als „nützlicher Mensch mit Behinderung“ zu. Diese Rolle nehmen viele Blinde an. Sie werden gleichzeitig zu Opfern und Unterstützern des Regimes. Viele Blindenvereine unterstützen die rassenhygienischen Maßnahmen der Nationalsozialisten. Blinde Menschen lassen sich freiwillig sterilisieren.
Noch lange nach dem Zweiten Weltkrieg verstehen sich die Selbsthilfevereinigungen blinder Menschen nicht als Interessensvertreter für geistig behinderte blinde Menschen.